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Zur Frage eines Anspruchs auf ernährungsbedingten Mehrbedarf (§ 21 Abs. 5 SGB II) bei HIV und chronischer Hepatitis B

Datum: 10.05.2016

Kurzbeschreibung:    

Der im SGB-II-Bezug stehende Kläger begehrte vom Jobcenter die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II. Zur Begründung trug er vor, wegen seiner HIV-Infektion sowie seiner Hepatitis B-Infektion benötige er eine qualitativ ausgewogene hochwertige nährstoffreiche Ernährung.

Die Klage hatte vor der 15. Kammer keinen Erfolg: Ein krankheitsbedingter Mehrbedarf könne nicht allein wegen des Vorliegens von Erkrankungen gewährt werden. Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs sei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordere, deren Kosten aufwendiger seien als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall sei. Als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Notwendigkeit einer Krankenkost könnten die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe herangezogen werden. Nach Nr. 3.3 der Empfehlungen könne bei verzehrenden (konsumierenden) Erkrankungen mit erheblichen körperlichen Auswirkungen, wie z. B. HIV/Aids im Einzelfall ein erhöhter Ernährungsbedarf vorliegen. Von einem erhöhten Ernährungsbedarf könne jedoch regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn der BMI unter 18,5 liege (und das Untergewicht Folge der Erkrankung sei) oder ein schneller, krankheitsbedingter Gewichtsverlust (über 5 % des Ausgangsgewichts in den vorausgegangenen drei Monaten; nicht bei willkürlicher Abnahme bei Übergewicht) zu verzeichnen sei. Diese Voraussetzungen seien nach dem Ergebnis der gerichtlichen Sachaufklärung nicht erfüllt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. sowie aus den Angaben des behandelnden Arztes F. liege der BMI des Klägers bei 20,8 bzw. 22. Auch wenn man davon ausgehe, dass es entsprechend den Angaben des Hausarztes F. in den letzten Jahren aufgrund von Durchfallerkrankungen und Magenproblemen mehrmals zu starken Gewichtsabnahmen gekommen sei, sei dies jedenfalls in den letzten Monaten nicht mehr der Fall gewesen. Die im Fall des Klägers notwendige Vollkost sei aus der Regelleistung zu bestreiten. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, sei § 21 Abs. 5 SGB II kein Auffangtatbestand. Eine hiervon abweichende Bedarfsermittlung komme nach dem Leistungssystem des SGB II nicht in Betracht. Bei der Ernährung handele es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs. 1 SGB II gedeckt werden solle. Er sei konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II; eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zulasse, sei im SGB II gerade nicht vorgesehen. Folglich gestatte es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs. 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen. (Urteil vom 10.05.2016 - S 15 AS 1975/15)

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