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Versicherter muss von ihm angenommenen Verstoß gegen sein Gutachter-Auswahlrecht gegenüber dem Unfallversicherungsträger unverzüglich rügen.

Datum: 17.07.2014

Kurzbeschreibung:  

Zwischen dem Kläger und dem beklagten Unfallversicherungsträger waren der Umfang eines unfallbedingten Zahnschadens sowie die Kosten für die Zahnsanierung umstritten. In formeller Hinsicht rügte der Kläger dabei erstmals mit der Klagebegründung die Verwertung einer von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. R. Diese unterliege einem Beweisverwertungsverbot, weil die Beklagte seine Unterlagen ohne seine Zustimmung und ohne Hinweis auf sein Widerspruchsrecht an Dr. R. weitergeleitet habe. Mit dieser Weitergabe sei er nicht einverstanden. 

Die 1. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe ist dieser Auffassung nicht gefolgt: Die Stellungnahme des Dr. R. unterliege keinem Beweisverwertungsverbot. Denn die Beklagte habe mit der Weitergabe von Daten des Klägers an Dr. R. nicht gegen die Regelung des § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen. Es sei bereits zweifelhaft, ob die schriftlichen Ausführungen des Dr. R. ein „Gutachten“ im Sinne dieser Bestimmung seien. Dies könne vorliegend indes offen bleiben. Denn die Anwendung des § 200 Abs. 2 SGB VII setze weiter voraus, dass der Unfallversicherungsträger Daten an einen Dritten „übermittelt“. Werde ein Gutachten dagegen von einem Arzt erstattet, der - wie hier - über einen Beratervertrag in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert sei, sei der Tatbestand des § 200 Abs. 2 SGB VII nicht erfüllt, weil es dann nicht zu einer Datenübermittlung komme.

Außerdem scheitere das vom Kläger geltend gemachte Beweisverwertungsverbot auch daran, dass dieser eine von ihm angenommene Verletzung seines Auswahlrechts nicht - wie nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts erforderlich - unverzüglich gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe (Rügeobliegenheit). Denn von dem Schreiben des Dr. R. vom April 2012 habe der Kläger spätestens mit der Übermittlung der Verwaltungsakte an seine Prozessbevollmächtigten zur Akteneinsicht im Juni 2012 Kenntnis erlangt. Eine Verletzung seines Auswahlrechts habe er indes erstmals mehr als 1 ½ Jahre später in der Klagebegründung, und damit nicht mehr unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, geltend gemacht. Eine Verletzung des Auswahlrechts, selbst wenn sie vorgelegen hätte, wäre deshalb mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich geworden. 

Da außerdem die angefochtenen Bescheide auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden waren, hat das Gericht die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.07.2014 - S 1 U 4193/13 -).



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