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Grob fahrlässige Unkenntnis eines Berufsbetreuers in Bezug auf die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts ist dem Leistungsempfänger zuzurechnen

Datum: 27.08.2009

Kurzbeschreibung: 

Für den Empfänger von Sozialleistungen besteht zwar im Allgemeinen kein Anlass, einen Verwaltungsakt jedenfalls des Näheren auf seine Richtigkeit zu überprüfen, wenn er im Verwaltungsverfahren zutreffende Angaben gemacht hat. Denn andernfalls würde das Risiko der rechtmäßigen Umsetzung der korrekten Angaben des Begünstigten in einer vom Gesetz nicht vorgegebenen Weise von der Behörde auf diesen übergewälzt. Eine Rechtspflicht, den erlassenen Verwaltungsakt umfassend auf seine Richtigkeit zu überprüfen, besteht deshalb grundsätzlich nicht. Andererseits sind die Beteiligten eines Sozialrechtsverhältnisses verpflichtet, sich gegenseitig vor vermeidbaren, das Sozialrechtsverhältnis betreffenden Schäden zu bewahren. Dementsprechend ist der Adressat eines Verwaltungsakts gehalten, einen ihn begünstigenden Bewilligungsbescheid auch zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Danach liegt positives Wissen um die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, jedenfalls aber grob fahrlässige Unkenntnis hiervon vor, wenn der Adressat, hätte er den Bewilligungsbescheid gelesen und zur Kenntnis genommen, aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls nicht in dieser Höhe besteht. Diese Fallgestaltung liegt bei Fehlern vor, die sich aus dem begünstigenden Verwaltungsakt selbst ergeben und für das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind. Die positive Kenntnis der Unrichtigkeit eines Verwaltungsakts oder die hierauf bezogene grobe Fahrlässigkeit der Unkenntnis entfällt auch dann nicht, wenn die wesentliche Ursache der Unrichtigkeit des Verwaltungsakts bei der Behörde liegt. Mit dieser Begründung hat das Sozialgericht Karlsruhe die Klage einer Sozialhilfeempfängerin gegen die teilweise Rücknahme früherer Bewilligungsbescheide abgewiesen und zugleich ausgeführt, dass sich ein unter Betreuung stehender Sozialleistungs­empfänger sich die Kenntnis und das Kennenmüssen seines (Berufs-)Betreuers von der Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides wie eigene Kenntnis und eigenes Kennenmüssen zurechnen lassen muss (Urteil vom 27.08.2009 - S 1 SO 182/09 -).

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